Technische Farbräume und ICC-Profile
Nach all den Ausführungen über Farbräume wird's - endlich wird manche(r) meinen - praktisch. Die Anwendung vom bisher Besprochenen, die uns hier interessiert, ist natürlich die Fotografie, und da insbesonders das Sicherstellen von Farbtreue.
Jedem wird schon einmal das Ausdrucken oder Darstellen (bspw. am typischen Bürobeamer) von Fotos böse Überraschungen bereitet haben, s. Abb. 1: das Ergebnis hat in seiner farblichen Wirkung so gar nichts gemein mit dem mühsam am Bildschirm bearbeiteten Original. Und das liegt nicht unbedingt an der Güte des Endausgabegeräts (Drucker, Beamer), es könnte bspw. auch am Monitor liegen, der eine andere Farbwirkung suggeriert und vielleicht zu einer farblichen Bearbeitung des Fotos verleitet hat.
Der bösen Überraschung liegt ein Problem zugrunde, das mit unserem Wissen verstanden werden kann. An ihm beteiligt sind nämlich drei Farbräume: der Farbraum des Aufnahmegeräts (Scanner, Kamera), der Farbraum des Kontollgeräts (Monitor) sowie der Farbraum des Reproduktionsgeräts (Drucker, Ausbelichter). Und zu allem Überfluss ist die Farbwahrnehmung noch von den Umgebungsbedingungen abhängig.
Zum Problem: jedes Gerät produziert ein physikalisches Signal, das wir als Farbe wahrnehmen. Sind die so vom jeweilgen Gerät produzierten Farben nicht untereinander für einen Betrachter vergleichbar, also die Einstellungen der Geräte nicht aufeinander beziehbar, kann ein halbwegs konstanter Farbeindruck, also "Farbtreue", nicht gewährleistet werden.
Die Erzeugung von Farben durch unterschiedliche Geräte muss daher in irgendeiner Weise genormt werden, um diese Farbtreue herzustellen. Das kann nur mittels eines vollständigen, empfindungsgemäßen Farbraums, der alle wahrnehmbaren Farben umfasst, erreicht werden. Und zwar so:
Jedes Gerät (bzw. sein Hersteller) gibt eine invertierbare Transformation in den umfassenden Referenzfarbraum inlusive Weißpunktanspassung nach Bradford an. Und genau diese Transformation ist es, die von den sogenannten I(nternational) C(olor) C(onsortium)-Profilen kodiert wird. Die Kodierung erfolgt dabei in Tabellenform für diskrete Farbwerttupel, Zwischenwerte müssen interpoliert werden.
Das läuft dann bspw. so ab: mittels ICC-Profil der Kamera (oder exakter Kenntnis des von ihr verwendeten Farbraums, für den eine genau definierte Transformation in den Referenzfarbraum existieren muss (bspw. Adobe RGB)), wird in den umfassenden Referenzfarbraum transformiert. Der Weißpunkt muss bestimmt worden sein, was typischerweise am AUfnahmegerät durch den Weißabgleich erfolgt (manuell oder automatisch). Von da aus kann von der beteilgten Software auf die jeweiligen Zielfarbräume transformiert werden (Monitor, Drucker), um den Geräten die entsprechenden Signale zur konformen Farbdarstellung zu übermitteln.
Ein Haken an der Sache sei noch erwähnt - disjunktes Gamut von beteiligten Geräten im umfassenden Referenzfarbraum: es kann passieren, dass ein Gerät eine im Referenzfarbraum durch ein anderes Gerät beschrieben Farbe nicht darstellen kann. Dann bedarf es eine Best Fitting Algorithms in Form irgendeiner Projektion, die möglichst kleine Distanzen im Referenzfarbraum überspringt. Die kann ein ICC-Profil in Form eines Rendering Intents vorgeben oder sind bspw. in Bildverarbeitungsprogrammen wählbar.
Bleibt noch die Frage: was ist der ominöse Referenzfarbraum? Die Antwort ist einfach und rechtfertigt alle unsere Ausführungen: meistens L*a*b*.
Wenn die beteiligten Geräte, Treibersoftware, Bildbearbeitungsprogramme usw. das dann noch automatisch unterstützen (ICC-Profile der Geräte auslesen, Farbinformation kodieren), dann ist die Welt nahezu perfekt.